Arzberg in Sachsen, ostelbisches Flachland, nicht ganz zweitausend Einwohner, 19 Ortsteile, ein Einkaufsmarkt, eine Grundschule und – bis Februar 2023 – eine Hausarztpraxis. Es wird viel diskutiert über Landarztquoten, über Versorgungslücken und Medizinerinnen und Mediziner, die kurz vor dem Ruhestand stehen (Leipziger Volkszeitung, 19.9.2023). Aber was bedeutet es konkret für die Menschen in einem der periphersten Winkel des Freistaats, wenn die hausärztliche Versorgung in der Gemeinde wegfällt? Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen erlauben es uns, die veränderten Mobilitätsmuster zu erfassen und der Frage nachzugehen, wo die Arzbergerinnen und Arzberger zum Hausarzt gehen – vor und nach der Praxisschließung.
Sie wollen sich schnell über hin&weg informieren oder Ihren Kolleg:innen von der Software berichten? Alles wichtige finden Sie jetzt in unserem neuen Flyer.
In unserem Newsletter versorgen wir Sie ab sofort vierteljährlich mit Informationen zu aktuellen Entwicklungen, Anwendungsfällen und Tipps&Tricks rund um die Visualisierungssoftware hin&weg.
Balkendiagramme, Tabellen, Statistiken – Standards in der Wirtschaftsforschung. Aber Sankeys, Chords, Zeitreihen und Karten? Die Visualisierung von Handelssummen und Handelssalden für ein einzelnes Jahr leistet fast jedes Datenverarbeitungsprogramm. Die Darstellung von Handelsverflechtungen ist hingegen komplex, selten und in der Kommunikation umso wichtiger.
Herausforderung Komplexität
In den vergangenen Jahren zeichnet sich ein deutliches Muster ab: Die Diskussion über wirtschaftliche Verflechtungen und Handelsketten hat immer dann Konjunktur, wenn diese gestört und problematische Abhängigkeiten sichtbar werden – während der Brexit-Verhandlungen, Corona oder dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Ein möglicher Grund ist, dass die Analyse und Veranschaulichung von Handelsverflechtungen alles andere als trivial ist. Kleine Maßstäbe können über Matrizen beschrieben, größere Verflechtungen über Diagramme oder Karten visualisiert werden. Beides bringt jedoch Nachteile mit sich.
Matrizen sind bei mehreren Ländern und Jahren schnell so umfangreich, dass sie als Kommunikationsmittel unbrauchbar werden. Karten und Diagramme sind in Einzelfällen eine gute Lösung, setzen aber Fachwissen voraus, sind in der Regel statisch auf ein Land bezogen und in der explorativen Analyse nur bedingt einsetzbar.
Mit diesem Problem steht die Ökonomie jedoch nicht allein da. Wanderungen und Pendelverflechtungen bergen die gleichen Herausforderungen, was es erlaubt, dieselbe Lösung für beide Themenkomplexe zu verwenden: hin&weg. Mit der bei uns am Leibniz-Institut für Länderkunde entwickelten Software lassen sich komplexe Matrizen von Verflechtungsdaten räumlich verknüpfen, erforschen und visualisieren. Der Nutzen für ökonomische Analysen sei im Folgenden am Beispiel (russischer) Erdgasimporte illustriert.
Anwendungsbeispiel Gasimporte
Um den europäischen zu Gashandel analysieren, benötigt man zuerst passende Daten; für dieses Beispiel wurden frei verfügbare Statistiken von Eurostat und dem BP-Statistical Review of World Energy genutzt. Handelsdaten können je nach Anwendungsfall auch über die WTO, FAO, Destatis und andere Quellen bezogen werden. Zusätzlich wird eine Shape-Datei der entsprechenden Länder benötigt, welche weltweit z. B. über die Weltbank verfügbar ist. Aus dieser müssen dann nur noch die Länder ausgewählt werden, die auch in den Handelsdaten vertreten sind, und in ein passendes Format transponiert werden. Ausführliche Anleitungen dazu bieten sowohl das hin&weg-Wiki und unsere Video-Tutorials.
Einmal eingeladen in hin&weg, kann die explorative Datenanalyse beginnen. Dabei bietet hin&weg zahlreiche Vorteile. So kann per Klick oder Auswahl schnell zwischen verschiedenen Ländern gesprungen und damit der Unterschied zwischen Staaten mit LNG-Terminals (z. B. Frankreich) und solchen ohne (Deutschland) verdeutlicht werden (Abbildung 1).
Die Jahresauswahl erlaubt die Kumulation mehrere Jahre, um Verzerrungen vorzubeugen, oder die Auswahl einzelner Jahre zum Erkennen von Trends. Der Wechsel bzw. die parallele Anzeige eines Sankey-Diagramms unterstreicht die Erkenntnisse aus der Kartenansicht (Abbildung 2).
Entwicklungen erkennen und vermitteln …
Ganz konkret lässt sich mit hin&weg die zunehmende Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas ebenso illustrieren wie die Abnahme dieser Abhängigkeit in Litauen nach Fertigstellung eines LNG-Terminals im Jahr 2014 (Abbildung 3). Damit ermöglicht hin&weg nicht nur die Analyse bestehender Trends, sondern auch deren Vermittlung – auch ganz ohne Krisen.
… kostenlos und Open Source
hin&weg ist eine kostenfreie Open-Source-Software. Zum Download geht es hier, den Code finden Sie auf unserer Github-Seite. Technische Hinweise zur Nutzung von hin&weg für ökonomische Analysen finden Sie hier.
In seiner Anlage eignet sich hin&weg sehr gut für Analysen jenseits von Wanderungen und Pendelverflechtungen – beispielsweise für Im- und Exporte, Direktinvestitionen und Lieferketten. Um das ursprünglich für Wanderungsanalysen entwickelte Programm für ökonomische Zusammenhänge zu verwenden bedarf es einige Besonderheiten zu beachten:
Sprache: hin&weg wir mit einem deutschen und englischen Sprachpaket ausgeliefert. Diese verwenden überwiegend allgemeines Vokabular wie „Von“ oder „Nach“, stellenweise jedoch auch „Wanderungen“ u.ä.. Um Abbildungen aus hin&weg direkt weiterzuverwenden bietet es sich daher an die Labels für das jeweilige Feld anzupassen (z.B. „Exporte“, „Importe“,…). Das Vorgehen wird in diesem Abschnitt des Wikis erläutert.
Berechnungen: hin&weg bietet die Option an Bestandsdaten als Referenz einzubinden. So können z.B. Exporte als Anteil am BIP oder den gesamten Exporten dargestellt und analysiert werden. Der zugrunde liegende Algorithmus wurde ursprünglich für Wanderungsraten angelegt. Diese werden jedoch je 1000 (Einwohner) berechnet und nicht je 100 (Prozent) wie bei anderen Anwendungsfällen üblich. Das Problem lässt sich leicht beheben, indem die Basis (z.B. das BIP) vor dem Import mit zehn multipliziert wird. Weitere Informationen zur Nutzung von Prozentangaben in hin&weg finden Sie hier im Forum.
Dezimalzahlen: hin&weg verarbeitet als Input keine Dezimalzahlen, da dies bei unterschiedlichen Spracheinstellungen der NutzerInnen zu Verwirrungen mit den Trennzeichen der CSV-Datei führen könnte. Werden dennoch Dezimalzahlen importiert, so wird der Teil nach dem Komma abgeschnitten – es wird nicht gerundet. Um Probleme durch diese Einschränkung zu umgehen, können Daten entweder vor dem Import gerundet werden oder alternativ kann die Einheit entsprechen angepasst werden. Beispielsweise bietet es sich an 1 750 Tausend Kubikmeter auszuweisen statt 1,75 Millionen Kubikmeter.
Open Source: hin&weg steht als Open-Source Programm Interessierten und EntwicklerInnen vollumfänglich für deren Anpassungen auf Github zur Verfügung. Die hier beschriebenen Besonderheiten beziehen sich auf die Standardversion von hin&weg 2.1. Es kann selbstverständlich eine angepasste Version für Wirtschaftsanalysen angelegt werden, um die Einschränkungen zu umgehen und allen Nutzenden einen Mehrwert zu bieten.
Kommunen benötigen belastbare Daten – beispielsweise für die Planung von Schul- und Kindergartenplätzen. Die neue Anwendung „hin&weg“ von IfL und Difu ermöglicht erstmals, innerstädtische Umzüge, Stadt-Umland-Wanderungen oder Pendlerbewegungen anschaulich darzustellen.
Oft fehlen Kommunalverwaltungen Ressourcen, um erhobene Daten zu analysieren. So lassen sich etwa innerstädtische Umzüge, Stadt-Umland-Wanderungen oder Pendlerverflechtungen bisher nicht ausreichend erfassen. Mit der neuen Anwendung hin&weg können solche dynamischen Prozesse nun deutlich einfacher dargestellt werden. Die Software wurde im Austausch zwischen Wissenschaft und Kommunalpraxis am Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) entwickelt. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat dabei den Transferprozess in die Kommunen unterstützt und begleitet. Das neue Analyse- und Visualisierungstool steht ab sofort der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung.
„Die Anwendung soll Politik und Verwaltung dabei unterstützen, zeitnah und vorausschauend auf neue Entwicklungen des innerstädtischen und regionalen Wanderungsgeschehens zu reagieren und Standortentscheidungen beispielsweise für Kitas, Schulen oder die Verkehrsinfrastruktur zielgenauer zu treffen“, erklärt Professor Francis Harvey, der das Projekt am IfL geleitet hat.
Die hin&weg-Anwendung ist ohne große Vorkenntnisse intuitiv nutzbar und benötigt keine Anbindung an das Internet. So lassen sich sehr einfach aktuelle Erkenntnisse über räumliche Entwicklungsprozesse und Stadt-Umlandverflechtungen in Städten und Gemeinden, aber auch in Landkreisen, herausarbeiten. Die Ergebnisse können in Form von Karten, Tabellen oder Diagrammen visualisiert und für die politische Kommunikation oder den Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden.
Das Tool wurde im Rahmen eines von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Projekts am IfL in Leipzig entwickelt. „Das Besondere an dem Vorhaben war dabei, dass der gesamte Entwicklungsprozess partizipativ angelegt war und in enger Kooperation mit 18 Kommunen erfolgte“, so Dr. Henrik Scheller, Projektleiter am Difu. Mit dabei waren Darmstadt, Essen, Esslingen am Neckar, Halle (Saale), Heidelberg, Jena, Karlsruhe, Koblenz, Leipzig, Ludwigshafen, Magdeburg, Münster, Offenbach am Main, Potsdam, Rostock, Stuttgart, Trier und der Landkreis Gifhorn.
Zum Beteiligungsprozess des Projekts gehörten Workshops, Erprobungsphasen und Rückkoppelungsschleifen mit den Beschäftigten der jeweiligen Statistik- und Stadtplanungsdezernate. Sie haben die diversen Visualisierungstypen und Analysefunktionen der einzelnen Software-Versionen mit Daten verschiedener räumlicher Ebenen vom statistischen Bezirk bis zu den Bundesländern getestet. Durch ihre Hinweise konnte die Software an die konkreten Anforderungen der Kommunen angepasst werden.
hin&weg steht ab sofort als Open-Source-Software dauerhaft und kostenfrei zum Download zur Verfügung. „Wir wünschen uns, dass mit der jetzt beginnenden Verbreitung des Tools Fachleute aus der Stadt- und Regionalplanung, aber auch engagierte Bürgerinnen und Bürgern den Quellcode unserer Software für Weiterentwicklungen und Optimierungen nutzen“, sagt IfL-Direktor Professor Sebastian Lentz. „Dazu wollen wir einen Verbund mit den Nutzenden aufbauen.“ Das IfL wird die Weiterentwicklungsarbeiten an der Software begleiten und den freien Zugang zu der Anwendung gewährleisten. Um sich mit der wachsenden hin&weg-Community auszutauschen, ist zudem eine Konferenz im kommenden Jahr geplant.
Was ist hin&weg? Wie können Daten für das Programm aufbereitet werden? Welchen Wert haben Hintergrundkarten und wie kann ich sie erstellen?
Diese und viele weitere Fragen beantworten die neuen Videotutorials zu hin&weg, welche im Rahmen des hin&weg-Webinars am 05.05.2022 aufgezeichnet wurden. Zusammen mit zahlreichen wertvollen Unterstützungsmaterialien finden Sie sie hier.
In seinem neuen Beitrag für den IfL-Blog untersucht Moritz Stegmayer mittels der hin&weg-Software drängende Fragen der Stadtentwicklung seit 2014 und beleuchtet insbesondere die Umzugsmuster ausländischer Staatsangehöriger in Leipzig. Den ganzen Beitrag finden Sie hier.
Unter dem Abschnitt Anwendungsbeispiele haben Moritz Stegmayer und Jonathan Gescher neue Anwendungsbeispiele zur Wanderungs- und Handelsanaylse bereit gestellt, die Ihnen den Umgang mit hin&weg näher bringen sollen. Die Beispiele präsentieren die vielfältigen Möglichkeiten der Analyse und der Darstellung mit hin&weg. Wir zeigen Ihnen, wie Sie über die Kartenansicht Sachdaten visualisieren, verschiedene Klassifizierungstypen einstellen und mit Diagrammen ihre Ergebnisse darstellen können.
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